Ausgewählte Werke by Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Ausgewählte Werke by Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Autor:Fritz von Herzmanovsky-Orlando [Herzmanovsky-Orlando, Fritz von]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


7

Gegen Mittag gewann das Land an durchgeistigter Bedeutung. Geheimnisvollen, uralten, mehr als halb vergessenen Traditionen zufolge waren es die großen eingeweihten Führer der Menschheit gewesen, die die chaotischen Gewalten der Natur bändigten und die Naturkräfte in gemäßigte Erscheinungen bannten, sie, die nicht ganz unserer menschlichen Ebene angehörten oder zumindest durch ihr Wissen und durch Verfeinerungen tausendjähriger Reinzucht und Erkenntnisübungen mit den höheren Mächten – in dem Fall mit den unteren Hierarchien der Götterwelt, den Engeln, den Feen – in hieratisch-feierlichem Verkehr standen. Sie hatten von diesen Mächten die Kenntnis bekommen, die Elementargeister der Materie zu beherrschen, und das wird wohl der eigentliche Grund zu ihrem lindernden Wirken gewesen sein.

Später ging das Wissen von diesen Dingen immer mehr verloren. Und das ist gar nicht unbegreiflich. Je mehr durch Vermischung mit dem faunhaften Halbtierwerk die Hochgezüchteten, ja vielleicht wirklich Feengezeugten, an Hoheit und Herrlichkeit verloren, desto wirrer und unsinniger wurde das Getriebe am Weltenplan. Verlauste und Geschwürbehaftete, Verkrümmte und Wasserköpfige haben nun einmal eine andere psychische Einstellung als solche, die es überhaupt wagen dürfen, sich den unnennbar holden Lichtgestalten der verfeinerten Materienwelt zu nahen.

Die Übelriechenden und Hässlichen vermehrten sich in begreiflicher Skrupellosigkeit wie die Wanzen und schufen endlich das Weltbild, wie es sich heute unserem beleidigten Auge darbietet. Von Jahrhundert zu Jahrhundert wurde es schlimmer, und die Feenbegnadeten mit allen Mitteln zu vernichten, ward heiligste Pflicht der Trefflichen, die beharrlich Religion mit Schmutz, Seife mit Sünde verwechselten, und deren Wasserscheu in den Gestankschwaden einer ihren Hirnen entsprossenen Askese ihren schmutzglänzendsten Ausdruck fand. Die Oberschicht, die noch etwas von den alten, heiligen Mysterien wusste, wurde mit allen Mitteln vernichtet. Besonders die Medien, die den Verkehr mit den Liebeshöfen der holden Mächte der Minne wieder hätten aufnehmen können, die schönsten Mädchen königlicher Rasse, wurden als Hexen verbrannt und so hunderttausende Quellen zur Weiterzucht der Menschenführer zum Versiegen gebracht. Man würde sehr, sehr irregehen, wenn man den „Hexenhammer“ eines Sprenger und Konsorten für die Ausgeburt unwissender Phantasten hielte. Die unzähligen Kriege, allesamt aus dunkler Quelle mit Vorbedacht arrangiert, rotteten dann auch noch das heroenhafte Männermaterial aus, und damit ist der Weg gegeben, die Welt immer mehr zu einem Müllhaufen des Satans zu machen, wie dies dem Gesetze des Kataklysmenzyklus zufolge kommen muss.

So muss es dem, der sich etwas abseits oder weltentfernter zu stellen versteht, immer klarer werden, dass das flimmernde Weltbild, dieses ewige Panta rhei, von kaum aufzufindenden Regisseuren gespielt oder zur Bühnenwirkung gebracht wird, die wir Geschichte oder Evolution nennen.

Die richtige Bezeichnung für dieses Gesamtgeschehen ist nicht leicht festzulegen für uns, die wir immer mit auf der Bühne stehen und selbst in den Zwischenakten, der Schlafversunkenheit, die verzerrte Spiegelung des Geschehens nicht loswerden können. Die Dekoration und das Kostüm wechselt, die lichtfarbene Heiterkeit des Rokoko täuscht uns noch am ehesten – in weiter Ferne und verzerrt – etwas vom Normalzustand vielleicht aus den Verfallsperioden der Feerie vor, deren Zustand von Rechts wegen herrschen sollte. Diese Zeit zog auch wie keine andre die Natur in ihr Spiel.

Wäre die saturnische Reaktion, die dem Rocaillengetriebe dieser Epoche



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